Jedem Anfang wohnt ein neuer Zauber inne …

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Es geht endlich wieder los

Jedem Anfang wohnt ein neuer Zauber inne, – hüstel, hüstel. Keine Ahnung, wer das gesagt hat, aber wir hoffen, dass diese Weisheit auch den Beginn einer neuen Schachsaison zutreffend beschreibt. In zwei Wochen (am 15.09.2013) ist die erste Runde der saarländischen Mannschaftsmeisterschaft und der Netzmeister stellt mal wieder fest, dass die Sommerpause so schnell rum war, dass wieder kaum Zeit übrig blieb, unsere Webseite frühzeitig fit für die neue Saison zu machen. Aber nun geht’s los!

Deutsche Einzelmeisterschaft 2012

Die deutschen Einzelmeisterschaften im Schach sind beendet. Gewonnen hat GM Daniel Fridman. Anbei alle Spiele zum Nachspielen.
Das kleine Saarland wurde von Herbert Bastian und Hendrik Tabatt würdevoll vertreten. Besonders Herbert überzeugte in einigen Partien durch Stringenz und dynamische Kraft in engem Zeitkorridor. Seine Partie gegen den elostarken (2429) Lubbe ist hervorzuheben: Nach einem schwachen Zug von Lubbe noch in der Eröffnungsphase litt Lubbes König unter akutem Durchzug. Dies nutzte Bastian mit einer Vielzahl guter Züge eiskalt aus. Er ließ sich auch nicht durch eine taktische Nachlässigkeit (die Lubbe aber nicht auszunutzen vermochte) aus der Ruhe bringen und zog seinen Gegner technisch sauberst über den Tisch.
Gegen WGM Melanie Ohme (die gegen Tabatt ein sehenswertes Endspiel gewann) überstand Bastian geschickt eine schwierige Eröffnungsphase, um dann im Mittelspiel in Nachteil zu geraten. Er verlor aber nicht die Nerven und nutzte nach einem überflüssigen Königszug von Ohme sofort sein Angriffspotenzial. Melanie Ohme stand eine schwierige Verteidigung bevor, in der sie fehlgriff.
Apropos Melanie Ohme: Sie ist wirklich ein Aushängeschild des deutschen Schach und zeigt auf ihrer Webseite gepaart mit einem gewissen Geschäftssinn ihre ganze Leidenschaft für das königliche Spiel.

Schach-WM 2010

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Findet Vishy!

Anand gewinnt überzeugend die entscheidende zwölfte Partie der WM. Diese Partie hat noch einmal deutlich gezeigt, dass Topalov dem sympathischen Inder in keinster Weise das Wasser reichen kann. Fragt sich bloß, wie Topalov in die Wertungsregionen und den Ruf eines Supergroßmeisters kommen konnte.

06.05.2010: Bis zur neunten Partie der Schach-WM zwischen Anand und Topalov konnte man der Meinung sein, dass nur der Inder den Sieg verdient hat. Zu klar traten seine Stärken gegenüber Topalov zu Tage. In fortgeschrittenen, von der Computervorbereitung abgenabelten Partiephasen, gelang es Topalov nie, einen wirklich überzeugenden Vorteil selbständig herauszuspielen. Es war immer Anand, der sich bei seinen beiden Verlustpartien selbst ein Bein stellte.

Nach der neunten Partie muss man allerdings die Frage stellen, ob überhaupt jemand von den beiden die WM-Krone verdient hat. Anand hatte mehrmals Matchball bei eigenem Aufschlag, konnte aber keinen verwandeln, sondern leistete sich ein ums andere Mal peinliche Doppelfehler. So blieb dem geneigten Zuschauer nichts anderes übrig, als in den Tisch zu beißen und sich die Haare zu raufen.
Was könnten die Gründe dafür sein, dass der weltbeste Schachspieler solche Aussetzer hat? Wenn man Anand so anschaut, dann drängt sich als erstes der Gedanke auf, dass er körperlich nicht ganz auf der Höhe ist und deshalb in entscheidenden Momenten versagt.
Schaut man sich die entscheidenden Partiemomente etwas genauer an, dann fällt auf, dass Anand’s Fehlzüge fast immer einer intuitiven Stellungsbeurteilung und Zugfindung Hohn sprechen. Dieser Umstand läßt darauf schließen, dass die bei Partievorbereitungen mittlerweile übliche überbordende computergestützte Berechnung von Varianten auch bei einer solchen Übergröße wie Anand Spuren hinterläßt. Vielleicht führt das ja dazu, dass man gerade auch auf hohem Niveau wieder mehr dazu übergeht, die menschliche Intuition zu betonen. Stattdessen wählte Anand gerade in der neunten Partie immer nur den sicheren berechenbaren Weg zum Remis und und gab damit seine großen Stellungsvorteile einfach hin.
Aber auch mit dieser Argumentationslinie sind nicht alle Probleme von Anand in der Neunten zu erklären. Bleibt nur noch seine Psyche übrig, die möglicherweise nach der grausamen Niederlage in der achten Runde Schaden erlitten hat und für das Desaster in der Neunten mit verantwortlich gemacht werden könnte.

Deutsche Einzelmeisterschaft 2009 in Saarbrücken

gambit89_dem2009Highlight im Februar: Vom 5.2 bis 14.2.09 werden in Saarbrücken die deutschen Einzelmeisterschaften im Schach ausgerichtet. Gambit 89 hat zwei Plätze ergattert. Zum einen spielt unser Student André Oberhofer, zum anderen Georg Groß, der katalanische Zauberer.

Schade. Mindestens ein Unentschieden war für Georg gegen GM Siebrecht am letzten Tag der DEM lange Zeit drin. Siebrecht versuchte sich im Mittelspiel an einem für niemanden verständlichen Manöver und verlor einen Bauern ohne Kompensation. Danach verbesserten beide die Stellung ihrer Figuren, hier und da wurde noch etwas getauscht und nichts deutete darauf hin, dass Georg Gefahr lief, zu verlieren. Diese Sicherheit war vielleicht der Grund dafür, dass Georg übermütig wurde und mit einem etwas unmotivierten Bauernzug seine Königssicherheit beeinträchtigte. Ab da an begann die Partie so allmählich zu kippen. Wie so oft zu beobachten, ist ein entstehender negativer Trend vom Betroffenen nicht mehr rückgängig zu machen. Nach besagtem Bauernzug von Georg schickte Siebrecht sich an, das Zentrum unseres Vereinskollegen zu unterminieren. Georg fand in dieser Phase der Partie leider nicht die richtigen Mittel, um dies zu verhindern. Plötzlich wurden viele Linien geöffnet und die Bauernstellung von Georg zerklüftete mehr und mehr. Hinzu kam teuflische Zeitnot und so ging die so gut begonnene Partie noch den Bach runter.
Dafür kam André unverhofft doch noch zu einem schönen Erfolgserlebnis gegen Vatter. Aber der Reihe nach. Zu Beginn sah es gar nicht gut aus für André. Vatter hatte als Erwiderung auf e5 c5 gewählt, wohl in der Hoffnung, gegen die Oberhofer’sche Anti-Antimorragambit-Variante auf Vorteil spielen zu können (siehe den Bericht zur Partie gegen Strunski). Den möglichen verdrießlichen Braten riechend, unterließ André diesmal sein Figurenopfer in der Eröffnungsphase, hatte aber dafür einfach einen Bauern ohne Kompensation weniger … (Alle im Verein müssen gemeinsam darauf hinarbeiten, dass André endlich sein Repertoire gegen c5 erweitert:-) … So hätte das Spiel wohl ein für André unvergnügliches Ende gefunden, wenn Vatter nicht plötzlich an partieller Schachblindheit erkrankt wäre. Er ließ André in seine Stellung eindringen, verlor einen rückständigen Bauern und konnte nicht verhindern, dass ein Freibauer unseres Studenten zur Dame wurde.
Übrigens: Verdienter deutscher Meister wurde ARIK BRAUN. Prusikin lag am Morgen des letzten Spieltages zwar noch mit einem halben Punkt in Front und hatte somit die besten Chancen. Er verfiel aber auf die Idee, es gemütlich auf dem Sofa vor dem Fernseher nach Hause schaukeln zu wollen und remisierte nach wenigen Zügen mit Bischoff. Das langte nicht, da Braun eine Wahnsinnspartie gegen Baramidze gewann. Prusikin muss sich fragen lassen, ob er überhaupt tief in seinem Innern daran geglaubt hat, deutscher Meister werden zu können. Vielleicht also (wie sooft in Schach) ein psychologisches Problem. Who knows …

Wir gegen welche aus voll weit weg – hohe Spielklasse halt!

Von Hans Gerhard

Wenn mein Wecker, also eigentlich mein Handy, aber das würde jetzt zu weit führen, wenn also mein Wecker an einem Sonntagmorgen um zehn Uhr klingelt, also eigentlich nicht wirklich klingelt, sondern mehr so metallisch schnarrt, so brrr-brr-brrrr, aber ist ja eigentlich auch egal, das kann ja jeder mal mit seinem eigenen Handy ausprobieren, vielleicht kann man sich da auch ein extra Weckgeräusch aussuchen oder runterladen, wenn das bei mir auch geht, dann habe ich noch nicht herausgefunden, wie, aber wurscht, also wenn mein Mobiltelefon an einem Sonntagmorgen so komisch schnurrt oder eher brummt und es ist kein Anruf, also meine Mutter zum Beispiel, die ruft schon mal um diese Zeit an, das klingt dann aber ein bisschen anders, ist jetzt aber auch eigentlich nicht mein Thema, wenn also am frühen Morgen, Sonntags um zehn, ich bin halt auch kein Kirchgänger oder so, ich hab mal….gut, wie gesagt, darum geht’s jetzt auch gar nicht, wenn also mein Mobiltelefon so… crescendodröhnt, also dann muss wirklich was besonderes anstehen, damit ich aufstehe.
So.
Und so wars ja auch am letzten Sonntag: Mein Schachverein, unser Schachverein, Gambit, kaum volljährig, ein Kind des Nauwieser Viertels, in dem ich ja auch wohne, hatte, glaube ich, die erste OBERLIGA Begegnung seiner Geschichte zu absolvieren, na ja, da kann man sich ja auch mal ein bisschen freuen, und da bin ich dann halt auch hingegangen, ich wohne ja auch nicht weit weg, wie gesagt. Oberliga. Abgefahren. Für Leute wir mich: Das ist die Spielklasse, wo die Leute Wertungszahlen haben, wie sie sonst nur auf Kontoauszügen von Bill Gates vorkommen.
Was die machen, verstehe ich nicht. Bin ich ganz ehrlich. Aber bin ich deswegen ein schlechter Mensch? Ich hab auch Gefühle, wenn auch überwiegend Neid. Und das Misstrauen dessen, der spürt, dass etwas vor sich geht, das er nicht begreift.
Aber mal ganz unter uns: ganz sauber ticken die wirklich nicht. Mm-mh (verneinendes Geräusch, das entsteht, wenn man die Lippen aufeinanderpresst und einen hohen Ton bildet). No Sir.
Einige von denen in der Oberliga haben einen ganz schönen strangen Blick drauf, so als würden sie immer über irgendwas Abstraktes nachdenken, Physik oder so. Die haben auch früher bestimmt den Zauberwürfel gelöst. Und danach voll arrogant geguckt. Streber und Sonderlinge. FREAKS!!
Gott, wie ich mir wünsche, das auch zu können, das mit dem Zauberwürfel, stundenlang habe ich mit dem Ding, auch noch als Erwachsener…durch die Scheibe, und draußen die Schulklasse…..aber ich schweife ab…..gute Schachspieler halt.
Und die spielen jetzt immer im Haus der Parität. Mit Schiedsrichter und so. (A propos: hat der eigentlich für seinen Kaffee bezahlt? Oder muss der gar nicht? Wie issen das? Kriegt der alles umsonst? Oder einen Kaffee und ein Wasser, und für den Rest muss er löhnen? Und wenn er dann zwei Kaffee will, kann er dafür auf ein Wasser verzichten, also quasi tauschen? Müsste eigentlich gehen, kostet ja alles einen Euro….muss doch noch mal die Turnierordnung lesen….).
Wo wir gerade beim Kaffee sind: wir haben ja eine weiße und eine blaue Thermoskanne zur Verfügung, da bietet es sich doch eigentlich an, den Kaffee in der einen mit LSD zu versetzen, um unsere Chancen zu erhöhen, also für die Gegner LSD meine ich, nicht für uns, außer, wir wollen, wir könnten uns das ganz gut merken, weiß ist sauber, und blau ist der Trip, wie der Himmel auf Urlaubspostkarten, oder auch umgekehrt, weiß wie eine Pille und blau wie….wie…aber ist ja jetzt auch egal, müssten wir uns nur vorher drauf einigen, klar, oder aber wir schreiben auf eine einfach LSD drauf, und keiner glaubt, dass da wirklich LSD drin ist und lacht, oder denkt, das ist die Abkürzung für irgendwas unverfängliches, Losheimer Schach Damen oder so, aber dann ist das Zeug natürlich in der anderen, hähä, damit die Gegner sehen, dass wir auch aus der LSD-Kanne trinken, ich muss mal den Präsidenten fragen, ob die Vereinskasse das übernimmt, das nächste Heimspiel wird anders laufen, das verspreche ich Euch….und daran merkt Ihr schon, liebe Schachfreunde:
Es hat nicht ganz gereicht am Sonntag. Erwartungsgemäß. Und das mit dem LSD hätte sowieso nicht geklappt, die Koblenzer haben sich ihren eigenen Kaffee mitgebracht. Die spielen halt schon länger Oberliga. Menno.
Dabei hatte alles so gut angefangen…..aber der Reihe nach….wie gesagt, mit einem Punkt oder gar zweien war angesichts der Wertungsunterschiede zu Gunsten der Gäste nicht zu rechnen, aber als der Schiedsrichter die Uhren freigegeben hatte, waren alle guten Mutes und hochmotiviert, obwohl nicht alle pünktlich waren, muss man auch mal sagen, aber die Gäste ja auch nicht, gut, egal, wir fingen dann an, und wie….
….André und Harald fuhren nach einiger Zeit zwei Punkte ein, nicht, dass ich verstanden hätte, wie, aber wird schon gestimmt haben, der Schiedsrichter jedenfalls ließ die Karten in der Gesäßtasche, zwo null für die unseren, da kann man schon mal euphorisch werden, aber André nahm es zu diesem Zeitpunkt bereits vorweg: könnte sein, dass es nicht mehr sehr viel besser wird, und er sollte auf tragische Weise Recht behalten….denn Eric spielte vielleicht einen Tick zu passiv (habe ich aufgeschnappt), so dass er bald gezwungen war, ALL IN zu gehen, was ja eigentlich mein Patent ist, aber ich stelle es gern den Vereinsfreunden zur Verfügung, nur klappen sollte es dann, wie bei mir ja auch immer, oder fast immer, okay, meistens, will sagen überwiegend, na schön, manchmal, aber dann auch oft, mindestens gelegentlich.
Egal, nur noch zwo eins.
Jens hatte gegen seinen erheblich eloschwereren Gegner genau das richtige getan, nämlich mutig und verwickelt nach vorne zu spielen, das kostete vielleicht etwas viel Zeit, ergab immerhin eine höchst interessante Partie, ein zählbares Ergebnis jedoch sprang nicht dabei heraus….man könnte sagen: voll ungerecht, würde damit aber auch die Leistung des Schachfreundes Hammes nicht zureichend würdigen: er fand einfach oft richtig gute Züge, behielt die Nerven und rang Jens schließlich nieder: Ausgleich, zwei zwei.
Georg hatte für seine gute Stellung an Zwei zu viel Zeit verbraucht: remis, er sagte selber, dass da mehr drin gewesen wäre, sein Gegner sah das auch so, gleichwohl, kein voller Punkt, genauso wenig wie bei Milu an acht, er mochte seine Stellung sehr, die Zuschauer auch, aber drang nicht entscheidend durch, kam am Ende vielleicht sogar gut weg. Unentschieden.
Es stand drei drei, die beiden verbliebenen, Andreas an sieben und Christoph an sechs, für mich sagen wir mal unklar, aber für die, die mehr drauf haben zwischen Hoffen und Bangen, schwer einzuschätzen, Christoph jedenfalls konnte seine Stellung nicht halten, auch hier ein Zeitproblem, glaube ich, und der Mannschaftsführer Andreas kämpfte ein monströses Endspiel (mein Rechner ist zweimal abgestürzt, als ich es eingegeben habe) bravourös bis zum Ende durch, aber es half nichts: remis, und damit eine Auftaktniederlage gegen den Favoriten, wenn es nicht so knapp gewesen wäre, hätten wir alle uns weniger geärgert, andererseits: ein krasser Sonntag, viel gelernt (wenn auch nicht genug, was mich angeht, aber dazu mehr zwei Ligen drunter), klar geworden ist aber auch: die Liga kann gehalten werden.
Da ist noch einiges gebacken. Ich gebe jetzt weiter zum dritten, für uns zweiten Spieltag in der Verbandsliga, das ist noch viel deprimierender, alles klar, auf bald, wir hören, Ciao.

Am Ende hängt die violette Wäscheklammer unter der grünen Wäscheklammer

Von Hans Gerhard

Zugegeben, als die schwarze, drohende Skyline der Kreisstadt Saarlouis am Horizont immer größer wurde, verstummten langsam die Gespräche in unseren zwei Mannschaftsbussen, gesteuert von Sonja und Stéphane – Danke! – und wir, die Insassen, hingen unseren jeweiligen Gedanken nach.
Der erste Mannschaftskampf von Gambit zwo in der Verbandsliga Saarland West gegen Rochade Saarlouis Nummero uno lag nur noch Minuten entfernt. Was würde uns Liganeulinge in den prächtigen Zimmerfluchten der Christ-König-Gemeinde erwarten? Figuren aus purem Gold? Gegner in Anzügen, die hochdeutsch können?
Und tatsächlich – als wir das Spiellokal und gleichsam die neue Spielklasse betraten, dämmerte uns, worauf wir uns eingelassen hatten. In der Ecke brodelte eine Kaffeemaschine, die ein Vermögen gekostet haben muss, die Partieformulare aus Edelpapier glänzten mit den riesigen Brettern um die Wette, als unser neuer Mann an Brett zwei, Giorgios, um einen Kuli bat, wurde ihm ein Montblancfüller gereicht.
“Letztes Jahr, in der Bezirksklasse”, murmelte CVB ehrfürchtig, “waren mancherorts Spiele unvollständig, und Bauern mussten durch Feuerzeuge ersetzt werden …”
Als hätte das alles nicht schon gereicht, um uns einzuschüchtern, zupfte Wladi nervös an allen Ärmeln und lenkte unsere Aufmerksamkeit auf die Südwand des Saales, denn dort hing auf understatementverdächtigen eins zwanzig Höhe – eine Anzeigetafel. Wie in echt. In A4. Eingeschweißt, mit zwei Zahlenreihen für Heim (also die anderen) und Gast (also wir) in Halbpunktschritten Richtung Boden von null bis acht UND – echt jetzt – mit zwei verschiedenfarbigen Wäscheklammern, beide noch auf Null, die nur darauf warteten, auf die jeweils gültigen Zwischenstände geklemmt zu werden.
“Alle Wetter”, schnaufte Heinz Wirtz, unser Mann an Brett acht, “eine, eine Dings, eine … Anzeigetafel!” und spätestens jetzt war uns allen klar, dass hier in der Verbandsliga West ein ganz, ganz anderer Wind weht.

Und dann ging es auch schon los.
Premiere-Reporter würden uns bestimmt als Multikultitruppe bezeichnen, aber wir stehen dazu – Sonja kommt halt aus St. Ingbert, na und? Und ich aus Braunschweig. Geh damit um, Verbandsliga West!
Da Jean-Claude Bernier leider nicht konnte, rückte alles ab sieben (also ich) eins auf und Heinz Wirtz auf die Acht. Dieser sorgte dann auch nach etwa siebzehn Minuten und 81 gespielten Zügen (irgendwann kann man’s halt auswendig) für den ersten Punkt, alle hatten mit Remis gerechnet, aber wohl den gegnerischen Doppelbauern übersehen. Großer Respekt!
Auch Stéphane Milutinovic an drei brachte wenig später seine Zentrumsbauern überlegen zum Sieg durch, und die violette Wäscheklammer rutschte in der Gastleiste auf die Zwei. Yes!
Aber es gibt keine leichten Siege in der Verbandsliga West – El Presidente CVB konnte seine gute Stellung an fünf nicht verwerten und empfand den halben Punkt als ganze Niederlage, Sonja und Wladi standen durchwachsen bis suboptimal, wenn ich die Stellungen an eins und zwei (Josef Stephanus und Giorgios Christodolou) richtig bewerten könnte, würde ich ja selber dort spielen – keine Ahnung also, aber ich spürte: diese Aubergine war noch nicht filetiert.
Trotzdem: zweieinhalb zu einhalb (so oft hatte ich noch nie Wäscheklammern in der Hand). Für uns. War es die Vorfreude auf Klausenkaltgetränke, die uns nachlässig werden ließ? Ich habe gepredigt, gedroht, gefleht, aber Wladi ist von seiner Skandinavischneigung nicht abzubringen – dabei sollte er wissen: Schweden können Möbel, Popmusik und Biathlon, aber ums Verrecken keine gute Eröffnung herstellen – in den Büchern nur komische Piktogramme, und irgendwann fehlt immer eine Schraube, bzw. in Wladis Fall ein Bauer, null points an “kattre”, Saarlouis war wieder im Geschäft, gehässig grinste die grüne Wäscheklammer von der Eineinhalb auf der Heimleiste.
Dann aber – die vielen Gs im letzten Satz haben es angedeutet – Hans Gerhards erstes Tor für Gambit! Meine legendär – desaströse Endspieltechnik scheint sich noch nicht nach Saarlouis herumgesprochen zu haben, so dass mein Gegner mit zwei Bauern nebst Qualität weniger aufgab: dreieinhalb zu eineinhalb.
Der Kaffee schmeckt nach Auftaktsieg. Die Handflächen werden feucht. Dann Rascheln im Nordflügel – Josef hat den halben Punkt am Spitzenbrett souverän realisiert und widmet sich fortan seiner Bildzeitung. Die Vier perfekt, das Unentschieden auch.
Aber zwei, nämlich Sonja und Giorgios, spielen noch. Da könnte doch … und wirklich! Sonja gelingt es irgendwie, den gegnerischen Mehrturm nicht ihre zwei die Bezeichnung nicht verdienenden Freibauern aufhalten zu lassen, gar nicht einfach, wenn man drüber nachdenkt, aber hat ja auch keiner behauptet, dass es einfach würde, das Unglaubliche wird wahr, nach verschiedenen Verwicklungen, die bei zahlreichen Schaulustigen Zweifel an den FIDE – Regeln und den Naturgesetzen überhaupt auslösen, obsiegt Frau Noll und macht das Fünf Zwo amtlich – unsere Wäscheklammer hängt uneinholbar unter der Wäscheklammer von Rochade Saarlouis!
La Ola brandet durch die Räume der Christ-König-Gemeinde Saarlouis. Als Dreingabe gelingt es Giorgios an der Zwei, seine existenzielle Zeitnot (Züge 36 bis 40 in drei Sekunden vor Ultimo) unbeschadet zu überstehen und den ganzen Punkt einzufahren: sechs zu zwei.
In Worten: Sechs zu Zwei. Auswärtssieg. Spitzenreiter. IM Normen. Das volle Programm. Unglaublich. Wir liegen einander in den Armen und warten darauf, dass Sönke Wortmann (Anmerkung des Webmasters: “bitte nicht der!”) “Action” ruft, dann zwicken wir uns.
Und wachen auf. Es waren erst zwei Punkte, trotz allem, die Saison ist noch lang. Aber so kann es weitergehen. Jetzt nicht die Bodenhaftung verlieren. Den Ball flachhalten. Weiter hart arbeiten. Von Spiel zu Spiel denken. Bis in zwei Wochen. Prost.
Für Freaks noch die nackten Zahlen in einer Tabelle, die ich mit Hilfe von Word selbst gemacht habe, dann ist auch gut:

Paarung Ergebnis
Engel – Stephanus 1/2 : 1/2
Maurer – Christodoulou 0 : 1
Ihl – Milutinovic 0 : 1
Schäfer – Panfilenko 1 : 0
Gerhard (nicht ich!) – v. Brochowski 1/2 : 1/2
Assaf – Noll 0 : 1
Jost – Gerhard (ich!) 0 : 1
Scholl – Wirtz 0 : 1