Gambit musste gleich zweimal gegründet werden. Einmal im September 1989 und wenig später nochmal im November wegen eines gravierenden Formfehlers: die Gründungsurkunde war nicht unterschrieben …
Vereinsgründer Bernd Backes (1961-1995) versammelte zur offiziellen Gründungsversammlung am 30.11.89 folgende Gründungsmitglieder: Andreas Hauer, Martin Schankola, Roland Berger, Paolo Patanisi, Peter Kanzler, Günes Ucan, Peter Dörr, Paul Jochum und Alex Klein. Gewählt wurden zum 1.Vorsitzenden Bernhard Backes, zum 2.Vorsitzenden Paolo Patanisi, Peter Kanzler als Schatzmeister und Paul Jochum als Spielleiter.
Erste schachliche Begegnungen erfuhr ich selbst in einem anderen, großen Saarbrücker Verein und hielt noch in unserem Gründerjahr Schachspieler für eine ziemlich sonderbare Randgruppe. Ein Schachverein war damals für mich der letzt möglich denkbare Ort, an dem es was zu lachen gibt. Es muss so im Dezember 1989 gewesen sein, als mir ein Freund vom gerade gegründeten Schachkreis erzählte (dieses unbehagliche Gefühl, in diesem Zusammenhang von Verein zu schreiben, ist mir noch immer eigen).
Mit gegen Null tendierenden Erwartungen und entsprechendem Unbehagen begleitete ich diesen Freund also eines Abends und was sich allen meinen guten Geistern auftat, war nun wirklich nicht das, was man sich unter einem Schachverein vorstellte. Im Nebenraum dieser Kneipe hielten sich ein gutes Dutzend laut durcheinander schnatternde und schon auf den ersten Eindruck äußerst sympathische Menschen auf und Schachspiel schien hier völlig Nebensache.
Der Geräuschkulisse nach zu urteilen, befand ich mich unzweifelhaft beim Jahrestreffen der saarländischen Thekenfreunde und das „Klacken“ der Blitzuhren, die stets gestenreich und fast nie ohne Kommentar bearbeitet wurden: ein unsteter Takt, der offensichtlich nur dazu diente, die Kommunikation in Gang zu halten. Hier wurde diskutiert, gelacht, erzählt und ich hatte nie zuvor eine solch geballte Ladung an Schachsprüchen zu hören bekommen.
Wir begannen mit einem Jahresbeitrag von zwanzig(!) Mark und ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir ein abendfüllendes Streitgespräch darüber führten, ob die zwei Berufstätigen unter uns nicht doch 30 Mark berappen sollten. Eine weitere Beitrags- erhöhung konnte ich später in meiner Zeit als Vorsitzender nur damit durchbringen, dass ich damit argumentierte, die Erhöhung entspräche bloß 0,28 Weizenbiereinheiten pro Monat.
Überhaupt war Basisdemokratie das große Zauberwort, die Dialoge entbehrten nicht einer gewissen Selbstironie. „Gut, dass wir drüber geredet haben“ war eines der beliebtesten Bonmots zu jeder Gelegenheit.Schon bald entwickelte sich Gambit zu einer Art Freizeitgestaltungsgesellschaft mit dem gemeinsamen Hobby Schach. Viele der Spieler /innen brachten frühzeitig ihre jeweiligen Partner mit ein und Gambit entwickelte sich in den ersten Jahren zu dem Verein mit dem prozentual höchsten Anteil an weiblichen Mitgliedern im SSV. Wir trafen uns nahezu jeden Abend, gestalteten faktisch sämtliche Freizeit gemeinsam, achteten sowohl unsere Stärken als auch unsere Schwächen und bescherten so manchem Wirt, vorsichtig ausgedrückt, eine deutlich wahrnehmbare Umsatzsteigerung.
Bei beiden Umzügen zur jeweils neuen Spielstätte kostete es mich einiges an Überzeugungsarbeit, dem Wirt zu erklären, dass Schachspieler nicht unbedingt die Art von Menschenschlag sein müssen, die sich den ganzen Abend an einer Limo festhalten. Legendär auch die Periode, die ich die „Umzugsjahre“ nennen möchte. Da ein Großteil von uns entweder selbst studierte oder aber in „studentischen“ Verhältnissen lebte, stand durchschnittlich pro Monat einmal bei irgendjemandem ein neuer Umzug an. Der Mitgliederzuwachs entwickelte sich in den Jahren 1990-95 in für unsere Verhältnisse gigantischen Schritten.
Der Verband Gambitfreundlicher Genussmitteltester u. Freizeitgestalter wurde sozusagen zum Selbstläufer mit drei gemeldeten 8-er Mannschaften und nahezu fünfzig eingetragenen Mitgliedern …
Und wenn er nicht gestorben ist, dann lebt er noch heute, unser kleiner Verein.